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Blumenstraße, vormals Lämmchenweg

Die vom "Eliasfriedhof":?article_id=54 nach dem 1866 abgebrochenen Vorwerk „Zum Lämmchen“ führende Straße, die in den alten Urkunden als Jagdweg oder Fürstenweg bezeichnet wurde, vermutlich, weil ihn Fürsten bei Ausflügen auf die Jagd benutzten, hieß im Volksmund *Lämmchenweg*. Bis 1860 gab es keinen offiziellen Namen. Die an der Straße gelegenen Grundstücke waren im Adressbuch als „Vor dem Ziegelschlage gelegen“ aufgeführt. 1860 wurde der ehemalige Lämmchenweg *Blumenstraße* benannt, nach den damals an ihm gelegenen Gärtnereien.

1853 wurde das Gebiet an der Blumenstraße zum Fabrikbereich erklärt. Begünstigt durch die Elbnähe und die Pferdebahn Plauen–Blasewitz entwickelte sich bis zu den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts die Blumenstraße zu einem der drei Dresdner Hauptgewerbegebiete. Drei wichtige Betriebe entstanden, die "Chemische Fabrik Gleitsmann":?article_id=127, Fabrik Günther & Rudolf sowie eine neuerbaute Fabrik Brückner. In einem vom Stadtrat ausgearbeiteten Bebauungsplan mit Wohnhäusern wurde das Gebiet an der jetzigen Blumenstraße von Elisens Ruhe ostwärts auf Verordnung der Oberbehörde ausgeklammert, da es als Gewerbegebiet nach anderen Grundsätzen behandelt werden sollte. Ein großer Nachteil dieses Gebietes bestand in der mangelnden Verkehrserschließung. Dadurch ging der Aufbau des Industriegebietes nicht zügig voran und wurde auch nach 1878 durch ortsgesetzliche Maßnahmen weiter eingeschränkt. Die Lage der vorhandenen Betriebe war für die im letzten Drittel des Jahrhunderts stark steigende Wohnungsbautätigkeit äußerst ungünstig. Die damalige städtebauliche Fehlentscheidung wirkte sich bis ins 20. Jahrhundert nachteilig aus. Mit der Planung zum Bau des "Feldherrenplatzes/Thomas-Müntzer-Platz":?article_id=129, dessen geplante Ausmaße auf dem zur Verfügung stehenden Territorium nicht untergebracht werden konnten, wurde das südliche Verlegen der Blumenstraße erörtert. Dieses Vorhaben scheiterte am Widerstand der ansässigen Unternehmen.

Während des Luftangriffs am 13. Februar 1945 wurde der westliche Teil der Blumenstraße zerstört. Lediglich die Bebauung des östlichen Teils landwärts blieb erhalten. Während der Enttrümmerung der Johannstadt verliefen hier von 1946 bis 1952 die Gleise der Enttrümmerungsbahn.

Im Zuge der Neubebauung in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts veränderte sich die Straßenführung. Die Straße, die früher am Eliasplatz (Güntzplatz) begann und in das "Käthe-Kollwitz-Ufer":?article_id=126 mündete, beginnt heute an der Pfeifferhannsstraße. Der Teil vom Güntzplatz bis zum Bönischplatz erhielt den Namen Elsasser Straße. Vom "Bönischplatz":?article_id=124 bis zur Pfeifferhannsstraße wurde die Blumenstraße überbaut.

1870 gründete ein Herr Eiselt auf der Blumenstraße die Dresdner Nähmaschinenzwirnfabrik, die 1872 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde.

*Historische Adressen (Auswahl):*

*Nr. 3*
Hier befand sich ein Logenhaus mit einer öffentlichen Gaststätte. 1945 zerstört.

*Nr. 8*
Hier wohnte der Bildhauer August Schreitmüller (1870–1958). Er schuf unter anderem am Ständehaus die Skulptur „Gerechtigkeit“ und die „Güte“ am Dresdner Rathaus. Auch der Bildhauer Emmerich Andresen hatte hier kurzzeitig sein Atelier. Das Haus wurde 1945 zerstört.

*Nr. 12*
Auf der Blumenstraße 12 wurde 1889 der Verlag Franz Sturm und Co. gegründet.

*Nr. 18*
In diesem Gebäude befand sich bis zum Angriff am 13. Februar 1945 das Johannstädter Polizeirevier.

*Nr. 47*
Ende des 19. Jahrhundert gründete Hugo Fritzsche den „Loschwitzer Hof“. Die Gaststätte verfügte über Vereinsräume, eine Kegelbahn und Billard. 1905 übernahm Carl Hering die Gaststätte und betrieb neben dem Gastgewerbe auch eine Fleischerei. Ein weiterer Besitzer war ein Herr Alfred Fischer. Beim Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde die wegen ihrer gemäßigten Preise beliebte Gaststätte aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Das Haus wurde während des Bombenangriffs am 13. Februar 1945 zerstört.

*Nr. 48*
Unter dieser Adresse befand sich wohl das bekannteste Lokal der Johannstadt, die "Blumensäle":?article_id=48. Hier wurde nicht nur getanzt und gegessen, sondern auch politische Versammlungen wurden abgehalten. August Bebel hielt in den Blumensälen im Januar 1907 seine letzte Dresdner Rede. Etwa an dieser Stelle wurde in den 70er Jahren eine Konsum-Kaufhalle errichtet.

*Nr. 61*
Dieses in halboffener Bebauung um 1930 errichtetes Gebäude mit einer schlichten Putzfassade und Sandsteingliederungen ist ein Beispiel für sachlich-funktionale Wohnbauweise. Es zählt zu Kulturdenkmalen der Stadt Dresden.

*Nr. 70*
1858 wurde die Villa Gruner im englischen Tudorstil erbaut. Sie war das Wohnhaus des Kunst- und Handelsgärtners Lüdicke, der als erster 1859 einen Wintergarten anlegte und diesen durch besondere Gestaltung und das botanische Angebot zu einer Dresdner Sehenswürdigkeit machte. Die Wintergartenstraße erinnert noch daran.
Nach der Aufgabe des Gründstückes durch Lüdicke 1878 erwarb der Besitzer der Chemischen Fabrik Gleitsmann die Villa mit Grundstück. Seit 1978 befindet sich in diesem Haus die „Apotheke Johannstadt“, die bis dahin ihren Sitz im Uniklinikum hatte. Als eins der ältesten Gebäude in der Johannstadt und auf Grund seiner Architektur steht dieses Gebäude auf Liste der Kulturdenkmale in Dresden.

*Nr. 75*
Ein in geschlossener Bebauung um 1908 errichtetes Gebäude. Schlichter, kaum plastisch-ornamental geschmückter Bau mit Putz-Sandstein-Fassade und gestalteten Fensterumrahmungen. Ein Beispiel der versachlichten Architektur nach 1900. Zählt zu den Kulturdenkmalen der Stadt.

*Nr. 75b*
Ein um 1930 errichtetes Doppelhaus in Ecklage und in geschlossener Bebauung. Erwähnenswert sind die expressionistischen Motive, die sich am Eckvorbau mit integrierten Balkons, in der Fenstergestaltung und am Eingang befinden. Bau- und städteentwicklungsgeschichtlich bedeutend und deshalb Denkmal der Stadt Dresden.

*Nr. 80*
Diese Fabrikantenvilla gehörte zur "Chemischen Fabrik Gleitsmann":?article_id=123. Sie wurde vor 1867 erbaut, die Nebengebäude entstanden um 1928. Es ist ein markantes zweigeschossiges Gebäude mit Putzfassade und Sandsteingewänden. Auf Grund seiner städtebaulichen Bedeutung steht das Haus auf der Liste der Kulturdenkmale in Dresden. Hier hatte auch in den 30er Jahren die Firma Agraria Ludwig Horst Kommandit-Gesellschaft ihren Sitz. Sie stellte Tiergesundheitsmittel her. Nach dem Krieg befand sich hier die Firma Götze & Co., die 1965 von der Firma Wegener & Co. übernommen wurde. Diese wurde 1974 in den VEB Maschinenbauhandel, Fachhandelsgeschäft Schrauben und Muttern, eingegliedert.

*Nr. 83*
Unter dieser Adresse ist der Wäsche- und Trockenplatz mit Schanklokalitäten zu finden. Daneben, wie auf alten Postkarten ersichtlich, befand sich eine kleine Gartenkolonie.

*Nr. 84/86/88*
Ein um 1928 errichtetes Wohnhaus mit drei Eingängen. Die Putzfassade ist schlicht gestaltet und durch risalitartige Vorsprünge an den oberen Stockwerken aufgelockert. Dieses Wohngebäude ist ein typisches und zugleich unverwechselbares Beispiel der Architektur des Wohnungsbaus in den 20er Jahren. Kulturdenkmal der Stadt Dresden.

*Nr. 88*
Hier befand sich während des Zweiten Weltkrieges einer von vier großen Lagerräumen, in denen Möbel und Hausrat, zumeist von jüdischen Familien stammend, gesammelt wurden. Man dachte, dass nach einem Bombenangriff auf die Stadt den Bürgern, die alles verloren hatten, geholfen werden könnte. Für jede Familie waren zwei Betten mit je einer Steppdecke und Bettwäsche, ein zweiteiliger Kleiderschrank, ein Tisch und vier Stühle, ein Küchenschrank und zwei Stühle, eine Bank, Küchengeschirr und anderes gedacht.

*Nr. 88a*
Hier befanden sich die „Blumen-Garagen“ der Firma "Gläser-Karosserie":?article_id=94. Nach der Verlegung der Produktion nach Radeberg lag die Fläche brach.

Weitere Kulturdenkmale: Nr. 90, 92, 94, 96, 98, 100, 102, 104 und 106. Von diesen sind die *Nr. 104 und 106* besonders erwähnenswert. Sie bilden eine gestalterische Einheit und sind mit ihren reichen Jugendstilornamenten mit Anklängen an Wiener Sezession sowie ihrer Flur- und Treppenhausausstattung künstlerisch und baugeschichtlich bedeutend.